BEGABUNGSFÖRDERUNG statt BEGABTENFÖRDERUNG
SCHULREFORM IN ÖSTERREICH
Jede Gesellschaft verfügt über Eliten, die Vorbilder sein sollten. In der Schule sind begabte Schüler wichtig, um das Allgemeinniveau zu heben. In der Schülerförderung, sollte der Focus jedoch nicht darauf gerichtet werden Schüler zu entmutigen und auszuschließen, sondern möglichst viele auf ein höheres Niveau zu heben. Auf dem Wege
dorthin gibt es viele Gruppeninteressen und verdeckte Egoismen. Ich empfinde es
nicht sozialistisch, sondern eminent christlich,
wenn die Leistungsentfaltung auf breitester Ebene gesucht wird.
Ich schreibe aus meiner Erfahrung als Schüler vor langer
Zeit, Schülervater auch schon vor einiger Zeit, Kursleiter für fremdsprachige
Einwanderer und Österreicher im Ausland.
Die Notwendigkeit einer Schulreform – unabhängig von Zentralmatura
oder Ethikunterricht - erscheint unbestritten. Die Art der Reform wird stark ideologisiert und wenig sachlich behandelt. Die
Bestandsbewahrer kämpfen um den Verlust vermeintlicher Privilegien, allen voran
die Lehrerschaft und mächtige Vertreter aus dem Bildungsbürgertum, zumeist
Akademiker.
Eine triviale Grundeinsicht gilt es zu beherzigen: gegen jedes System gibt es Argumente und jedes
hat Schwachstellen. Nur kann es nicht sein, dass ein Schulmodell beibehalten
wird, das auf einer Gesellschaftsstruktur aus theresianischen Zeiten aufbaut, in vielen Bereichen total versagt und
fast nur mehr im deutschsprachigen Raum existiert.
Ich bekenne mich zur gemeinsamen Schule der 6 bis 14-jährigen, weil
sie mir gerechter und angepasster an die heutige Gesellschaft erscheint, als
das gegenwärtige System. Warum? Oberstes Ziel der Pädagogen müsste sein, die Schüler zu
besseren Leistungen anzuspornen. Individuelle Talente sollten bestmöglich
erschlossen und aktiviert werden. Durch eine moderne Pädagogik mit
unterschiedlichen Leistungsgruppen würde umfassend das generelle Bildungsniveau
der Bevölkerung angehoben, wie überhaupt – offensichtlich schon im Gange - eine moderne Pädagogikausbildung der Lehrer
ein zentraler Schlüssel einer Schulreform sein wird. Weg vom einseitigen und arroganten Schlagwort
der Begabtenförderung zur Begabungsförderung. die eine Begabtenförderung
miteinschließt. Durch zu frühe Schultypenentscheidung bei
Zehnjährigen ergeben sich ungewollte Diskriminierungen. Dies sind
weltweite Erfahrungen. Die neue Mittelschule ist ein Kompromiss, der auch
innere Differenzierung enthält. Wozu aber noch ein Untergymnasium, wenn
ohnedies kein Unterschied zwischen Mittelschule und Unterstufengymnasium
existieren soll. Warum dann eine auch prestigemäßig problematische
Doppelgleisigkeit? Zu dieser Erkenntnis kommen
österreichische und internationale Experten (kaum Experten
für Systemerhalt) Elternvereinigungen (fast bundesweit),
Wirtschaftsorganisationen (WKÖ, Industriellenvereinigung).
Die internationale Situation
spricht eine klare Sprache. Negativentwicklungen aus dem Ausland sind wohl
immer zu finden, weil Veränderungen auch immer Anpassungsprobleme schaffen.
Meine internationale persönliche Erfahrung
mit einem einheitlichen Schultyp bis in
ein höheres Alter als 10 Jahre ist positiv. Selbst in den USA – immer wieder negativ
zitiert - erfahren meine Enkel in öffentlichen Gesamtschulen eine famose Begabungsförderung.
Ähnliches kann ich von Schweden
berichten: ein früherer schwedischer Unterrichtsminister einer bürgerlichen
Regierung erklärte mir, dass Schweden das Schulsystem mit den größten
Schulwahlmöglichkeiten innerhalb der Europäischen Union biete, aber natürlich
jeweils im System der gemeinsamen Mittelschule. Schweden steht also keineswegs
vor dem Zusammenbruch des Schulsystems, wie bei uns behauptet wurde. Wohl werden Systemkorrekturen, wie Schulnotenvergabe und
ähnliches, im breiten politischen Konsens an neue Erkenntnisse und Erfahrungen angepasst.
Ein aufsehenerregendes Experiment war die Umstülpung einer Problemschule im
ausländerdichten Malmö mit ausgewählten Elitelehrern zu einer Vorzeigeschule.
Im Spannungsfeld zwischen Gesellschaft,
Eltern und Lehrern, müssen die Schüler im Mittelpunkt stehen, ein Stehsatz, der
vielfach missbraucht wird. Die viel strapazierte Formel „Nivellierung nach
unten“ impliziert schon eine Interessenvertretung für die Begabten „da oben“,
wobei sich die wirklich Begabten fast immer durchsetzen und eine
Begabtenförderung keineswegs ausgeschlossen werden soll.
Es soll vor allem für einen
christlichen Pädagogen die Vorgabe gelten, jeder verfügt über Begabungen, die
es zu entwickeln und einzustufen gilt. Akademiker und Lehrer über das Sprachrohr der Gewerkschaft dominieren die Debatte, die stark von Eigeninteressen geprägt ist und in Richtung Strukturkonservierung geht und unserer veränderten Gesellschaft nicht mehr entspricht.
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