NEUE CHANCEN FÜR EUROPA
EUROPA-GESELLSCHAFT COUDENHOVE-KALERGI; Europäischer Brief von Univ.Prof. Dr. Hubert Fromlet, Linnéuniversität, Växjö und Kalmar / Schweden
Natürlich wollte kein europafreundlicher Mensch den Brexit. Als direkte Folge dieses Rückschritts haben jedoch die EU insgesamt und auch die meisten einzelnen EU-Mitgliedsländer angefangen, sich mehr konkrete Gedanken über die Zukunft unseres Kontinents zu machen.
Es gibt zweifelsohne viele einzelne Zukunftsfragen, über die sich die EU (exklusive Großbritannien) schleunigst intensiv besprechen sollte. Drei der wichtigsten Themen für die Zukunft sollen hier kurz angesprochen werden. Dazu gehören sowohl aus Sicht der Politik (EU) als auch der Wirtschaft
Chancen und Risiken der Digitalisierung,
eine strategische Um- oder Neuorientierung gegenüber China,
eine zukunftsorientierte und gleichzeitig hilfreiche Afrika-Politik.
Leser dieser Zeilen werden sich vielleicht fragen, warum sich ein Volkswirtschaftsprofessor auf ein politisches Thema einlässt. Die Antwort nimmt sich einfach aus: Politik und Wirtschaftsentwicklung lassen sich nunmehr bei der Erstellung von Prognosen (meist) nicht mehr trennen. Diese Tatsache ist allerdings bei weitem noch nicht zu allen Prognostikern vorgedrungen.
Ähnliches kann auch über die immer engeren Zusammenhänge zwischen Ausbildung, Innovationen, Produkt- und Geschäftsentwicklung im Unternehmensbereich sowie Wirtschaftswachstum (BIP-Wachstum) gesagt werden. Auch mit diesen Themen sollten sich Makroökonomen, Zukunftsforscher und Politiker immer mehr anfreunden.
Die drei obengenannten, schon jetzt wichtigen Zukunftsthemen mit aktuellem Handlungsbedarf unterstreichen die angesprochene Relevanz von sogenanntem interdisziplinären Denken – ganz unabhängig davon, ob die Zukunft Europas und der Welt von Wissenschaftlern, Politikern, Banken, anderen Unternehmen oder von Privatpersonen betrachtet wird.
Der immer stärkende globale Trend zur Digitalisierung sollte sowohl von der Politik (EU) als auch von der Unternehmerschaft und den Gewerkschaften unseres Kontinents noch ernster genommen werden. Viele interessante Produktentwicklungen werden in den nächsten Jahren ihren Weg auf den Markt finden. Hierzu sind jedoch bessere Kenntnisse und Weiterentwicklungen auf allen IT-Ebenen angebracht – auch um den Risiken besser entgegentreten zu können.
Die letztere Zielsetzung wird aber ohne grenzüberschreitende Forschung und koordinierten Maßnahmen auch innerhalb der EU nicht zu erreichen sein. Hier kommen offensichtlich enorme Herausforderungen auf die EU zu, die aber unbedingt angenommen werden müssen. Dies betrifft z.B. in hohem Masse die sogenannten ”outsiders” am Arbeitsmarkt, von denen viele einem verstärkten Verdrängungsprozess ausgesetzt werden. Gleichzeitig wird deutlich verbesserte Cybersicherheit auf allen Ebenen immer wichtiger. Hier haben die EU in Brüssel und die einzelnen EU-Länder viel Arbeit.
Weiterhin sollte die EU die Chance nutzen, mit China noch besser ins Gespräch zu kommen und gleichzeitig mehr Kooperation in wichtigen Bereichen wie Handel, Investitionen, Forschung, Umwelt, Energietechnik, Gesundheitswesen, Studentenaustausch, usw. anzustreben. Die EU braucht in einer langen Reihe von wichtigen Zukunftsfeldern eine deutlichere Kooperationsstrategie für China. Viele europäische Unternehmen werden sogar ihre Geschäftsmodelle für China ändern müssen, auch als Folge der nicht unbeachtlichen chinesischen Reformpolitik. Daran sollte zielstrebig gearbeitet werden, wobei eine deutliche europäische Politik gegenüber China derartige betriebspolitische Umstellungsprozesse erleichtern würde. Umgekehrt würde China zukünftig sicherlich lieber mit einem fundamental stärkeren Europa zusammenarbeiten als dies momentan der Fall ist.
Schließlich soll hier auch noch eine in Zukunft zielstrebige Afrika-Politik seitens der EU genannt werden, d.h. weg von traditioneller Entwicklungspolitik und hin zu langfristig wachstumsfördernder Hilfestellung, wie zuletzt von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich angesprochen. An der Konkretisierung einer solchen politischen Umorientierung auch gegenüber anderen Kontinenten und Entwicklungsländern dürften der neue französische Präsident Macron und die meisten anderen EU-Länder interessiert sein – auch kleinere wie beispielsweise Schweden.
Höheres und stabileres Wachstum des BIP in Afrika wäre gut für die einzelnen Länder dieses bislang wirtschaftlich rückständigen Kontinents - vom nördlichen bis zum südlichen Afrika, aber auch für Europa selbst.
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