STERNSTUNDE EUROPAS 9. Mai 1950 - heute vor 68 Jahren Montanunion
Hochschulprofessor Dr. Hans Högl, Medien-Soziologe, Wien
"Krieg wird es immer geben, sagen manche." Ja, in den 1. Weltkrieg sind Länder wie "Schlafwandler" getaumelt. Doch der 2. Weltkrieg war geplant, die Waffenindustrie witterte ein "gutes" Geschäft. Hitler suchte die deutschen Grenzen zu erweitern - im Krieg gegen Polen - dann unbekümmert um das neutrale Belgien- und gegen Frankreich mit dem Zankapfel Elsaß-Lothringen. Und ein Lothringer, der christliche Abgeordnete Robert Schuman, geriet zwischen die Fronten und versteckte sich jahrelang in Klöstern. Und wie gelang es dem französischen Außenminister Schuman ab 1950, die verfeindeten Nachbarländer Deutschland und Frankreich zu versöhnen und eine Basis für einen Frieden von fast 70 Jahren im Sinne christlicher Versöhnung zu festigen? Das wird weltweit wie ein Wunder gesehen, von gewissen Medien wird es auch als EU-Theater abgetan.
Als wichtig sah Schuman die Staatsgrenzen. Sein Plan war, Frankreich und Deutschland mit einer gemeinsamen Grenze wie unter Karl den Großen zu umfassen. Die Grenzen der Nationalstaaten sollen weiter bestehen, aber durchlässig werden, Länder verbinden. Schuman wollte auf dem alten Unterbau der Nationen ein neues Stockwerk errichten, das Überstaatliche, das auf nationaler Grundlage beruht. Das neue Stockwerk- das sind heute die gemeinschaftlichen EU-Organisationen.
Der 9. Mai 1950 war die Sternstunde Europas. Dicht gedrängt wartet die Presse. Nur ganz wenige Vertraute wurden in den Inhalt der Rede eingeweiht. Der deutsche Kanzler Adenauer erfuhr davon ein paar Tage vorher. Die Grundidee des Planes: Die Waffenfabrikanten brauchen Kohle und Stahl, und sie wittern im Krieg ein Riesengeschäft. Was tun mit Kriegstreibern an der Ruhr und in Lothringen? Wie ihnen und der Politik das Handwerk legen?
Es braucht - so Schuman - eine Hohe Behörde, die alle Stahl- und Waffenfabriken der Feindesländer kontrolliert. Und Jean Monnet hatte dafür in vielen Monaten den Plan ausgetüftelt. Und der Plan trat am 23. Juli 1952 in Kraft, bejaht von Frankreich, Deutschland und den Beneluxstaaten, aber England scherte aus.
Damit wird jeder Krieg materiell unmöglich. Dieser Überbau wurde Montanunion genannt und daraus entstand die EU-Kommission. So wurde der 1000-jährige Streit zwischen Frankreich und Deutschland beendet. Wahrlich ein Friedenswerk. Aus den Waffen wurden Pflugscharen. Und daran hat der französische Außenminister Robert Schuman, ein tiefgläubiger Katholik, entscheidend mitgewirkt.
Ein Blick auf das Leben Schumans: Als junger Mann dachte er daran, Benediktiner zu werden, aber er studierte die Rechte in Bonn und München und befasste sich mit der Katholischen Soziallehre. Bis 1919 ist er deutscher Staatsbürger, dann Franzose. 1939 arbeitete er als Flüchtlings-Staatssekretär. Als französischer Außenminister nach 1945 überstand er acht wechselnde Kabinette. Die Pariser Gesellschaft spöttelte nur anfangs über diesen Provinzadvokaten. Seine große Stunde war der 9. Mai 1950.
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