EUROPÄISCHES BERUFSHEER

Ein deutscher Berufssoldat vertritt nachstehende Ansicht, die ich im Prinzip in Österreich gleichfalls vertrete. Ich hatte es geschafft, nicht zum Bundesheer eingezogen zu werden. Ich votiere klar für ein europäisches Berufsheer. Ich bin absolut gegen eine Wehrpflicht und das sage ich als ehemaliger militärischer Vorgesetzter. Stellt euch mal folgendes Szenario vor: 7 Uhr früh am morgen, es ist dunkel und kalt draußen und ihr geht vor das Gebäude eurer Einheit, weil ihr Stuben- und Revierreinigen beaufsichtigen sollt. Dann stehen dort 50 unmotivierte Wehrpflichtige die keinen Bock auf Bund haben. Mit denen müsst ihr dann arbeiten. Das bedeutet: jeden Befehl, den ihr gebt muss anschließend detaillierte überprüft werden, weil immer wieder versucht wird ihn gar nicht auszuführen oder nur mit einem absoluten Minimum. Als Vorgesetzter seid ihr aber Verantwortlich für die Umsetzung eurer Befehle und steht dafür gerade. Das Ganze ist ein unglaublich mühseliges Arbeiten und macht auch absolut keinen Spaß. So etwas war für ein paar Jahre jeden Morgen mein Alltag. Die Truppenärzte hatten es ebenfalls jeden Tag massiv mit Simulanten zu tun und die Feldjäger mit unerlaubt Abwesenden. Ich konnte es den Wehrpflichtigen auf nie verübeln, hatte mich oft mit ihnen über ihre Situation unterhalten. Ich war in der Nähe von Ingolstadt und viele, von denen waren vorher bei Audi und hatten bereits volle Gehälter bezogen. Plötzlich fielen sie von 1500–2000€/p.m.auf einen geringen Wehrsold. Darüber hinaus finde ich es unverantwortlich vom Staat junge Menschen, zu einer Arbeit zu zwingen, die die Ausbildung und Ausrüstung von Kriegswaffen enthält. Grundsätzlich muss vorher die psychische und emotionale Stabilität sichergestellt werden. Bei Zeitsoldaten gibt es zumindest beim Bewerbungsverfahren dafür psychologische Gespräche. Bei Wehrpflichtigen wurde, das nach meiner Kenntnis grundsätzlich auch aufgrund der kürze der Wehrpflicht nicht gemacht. Die Folge davon? Ich hatte mal einen Wachdienst übernommen und der vorherige Wachhabende sagte mir das einer seiner Soldaten (ein Wehrpflichtiger, der vermutlich psychisch instabil war) gestern Nacht eine SMS von seiner Freundin bekommen hatte, das sie Schluss macht. Er ging darauf hin hinter das Gebäude zum Rauchen und hat sich erschossen. … Jeder Sportschütze in Deutschland unter 25 muss für seine Waffenbesitzkarte neben der Sachkundeprüfung auch ein fachpsychologisches Zeugnis über die geistige Eignung vorlegen, nur um eine Kleinkaliber-Sportpistole kaufen zu können. Dagegen wurden bei der Bundeswehr 18-Jährige ohne vorherige Kontrolle an Panzerabwehrhandwaffen (Panzerfäusten) und Handgranaten ausgebildet. Die Bundeswehr braucht Spezialisten genauso wie jeder andere Arbeitgeber. Einen Soldaten dafür auszubilden, gerade im Fachdienst, kann Jahre dauern. Die paar Monate waren eine Farce, gut funktioniert hat das kaum. Ohne eine Zwangspflicht muss man jungen Menschen etwas bieten damit sie sich für diesen Beruf entscheiden. Das Militär muss als Arbeitgeber attraktiv gestalten werden. Auch Beruf und Familie müssen vereinbar sein, das ist in der Bundeswehr immer noch relativ schlecht umgesetzt. Ein bekannter Hauptfeldwebel war 10 Jahre am Standort, hatte dann schließlich in der Nähe ein Haus für seine Familie gebaut und dann wurde er 500km weg versetzt.

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