SÄKULARISIERUNG IN EUROPA
EUROPÄISCHER BRIEF DER EG-CK – EUROPA-GESELLSCHAFT COUDENHOVE-KALERGI des Generalsekretärs
Im Wertefundament Europas wird dem Christentum eine entscheidende Stellung zugewiesen. Europa scheint sich jedoch immer mehr in einen freidenkerisch-säkularisierten Kontinent zu entwickeln.. Die Austritte aus den großen Traditionskirchen sollten für diese alarmierend sein. Die schockierende Entwicklung scheint aber bei den Katholiken nicht ausreichend die vatikanischen Würdenträger oder Theologen zu erreichen, die sich in Exegese und Hermeneutik festbeißen, was die Gläubigen kaum berührt, aber auf keinen Fall der Einheit des Christentums dient. Um letzteres wird zwar laufend, aber gegenwärtig noch ohne erkennbare Erfolgsaussicht gebetet.
In Europa nehmen parallel zu den Kirchenaustritten auch die Priesterberufungen laufend ab. Es werden fremde Priester in den Kirchen eingesetzt, die wegen Sprachschwierigkeiten und andersartiger Kulturauffassung oft unzureichend imstande sind, den Glauben volksnah zu vermitteln. Das damit zusammenhängende Problem einer priesterzentrierten Kirche ist zwar längst diagnostiziert, aber noch gibt es insbesondere bei den Katholiken keine Auswege in Richtung eines biblischen mehr allgemeinen Priestertums.
Die Verwüstung der Pariser Kathedrale Notre-Dame wurde vielfach als Zerstörung eines religiösen europäischen Symbols kommentiert. Dies wurde auch mit der Vorstellung verbunden, dass die großen Kathedralen des Abendlandes von Männern mit großem Glauben und großer Demut gebaut worden sind. Dies trifft sicher auf unzählige Kirchen zu, die von den Gläubigen in Gemeinschaft errichtet wurden. In Bezug auf Großbauten dürfte die historische Wirklichkeit allerdings in vielen Fällen gewesen sein, dass mit äusserst beschränkten technischen Möglichkeiten Arbeiterheere eingesetzt waren, um solche ehrgeizige Grossprojekte mit religiöser Motivierung in die Welt zu setzen. Die Vermutung drängt sich beim Studium historischer Quellen auf, dass bei manchen Kirchenfürsten Hochmut und der Wunsch nach Denkmalesetzung Pate gestanden sind. Solche Erkenntnisse aus der Vergangenheit sind für die Kirchen belastend. Historische Großkirchen erwecken heute auch zunehmend den Eindruck, mehr als Museen denn als religiöse Gebetsstätten angesehen zu werden.
Als sehr erfreulich sei demgegenüber für das christliche Europa festgehalten, dass auch in unserer modernen Neuzeit Kirchenneubauten auf Grund eines religiösen Bedarfs entstehen, die durch Spendenfinanzierungen den christlich-sozialen Vorstellungen in der Umsetzung entsprechen. Als Beispiel sei die wunderbare Konzilsgedächniskirche in Wien genannt.
Der Machtmissbrauch der christlichen Kirchen, die Negierung wissenschaftlicher neuer Erkenntnisse und mangelnde Rezeption solcher Entwicklungen durch Theologen können als hauptverantwortlich für die Säkularisierung in unserer demokratisierten Gesellschaft angesehen werden. In Europa ist es trotzdem weitgehend gelungen, die christlich-religiösen Kernbotschaften in die politischen Verfassungen aufzunehmen. Beispiele hiefür sind die Menschenrechtskonvention des Europarates und das Verbot von Todesstrafen für die Mitgliedsländer der Europäischen Union.
Sehr entscheidend für das Zurückdrängen der säkularen Tendenzen in Europa in der Zukunft wird eine zunehmend ökumenische und die demokratische Gesellschaft besser berücksichtigende Haltung der christlichen Großkirchen in Europa sein, nach dem viel zitierten europäischen Grundsatz:
VIELFALT in der EINHEIT!
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