TUNESIEN hat die demokratische Wende geschafft

Bald ein halbes Jahr ist seit den ersten freien Wahlen in Tunesien vergangen. Die Prognose scheint zulässig, dass trotz des Chaos in den umliegenden und anderen arabischen Ländern, Tunesien wohl als einziges Land des „arabischen Frühlings“ überzeugend einen geordneten demokratischen Weg beschritten hat.

Nachdem die islamistisch geführten Übergangsregierungen seit dem Sturz des Diktators Ben Ali 2011 mit ihren autoritären Tendenzen einer ruhigen Entwicklung entgegenstanden und vor allem die wirtschaftliche Entwicklung bremsten, bestätigt die im Amt befindliche Regierung durch deutliche Ansätze einer ausgleichenden Politik, das Land in Richtung einer modernen rechtstaatlichen Demokratie ausformen zu wollen.
Die neuen Stärkeverhältnisse im tunesischen Parlament auf Grund der Wahlen vom 26. Oktober 2014 repräsentieren weitgehende Umwälzungen. Die heutige Verteilung in der Parteienlandschaft zeigt eine deutliche Mehrheit zu Gunsten der säkularen Parteien:

86 Parlamentssitze - NIDAA TOURNES (Sammelbecken von Zentristen/Modernisten) oder 37,5%  der Stimmen
69 Parlamentssitze -ENNAHDHA-Partei (islamistisch, bislang dominierend), verlor 10% der Stimmen

04 Parlamentssitze - Partei CONGRÈS POUR LA RÉPUBLIQUE, großer Wahlverlierer mit minus 25 Sitzen        
                                      (linksliberal)         

16 Parlamentssitze - Partei UNION PATRIOTIQUE LIBRE des Unternehmers Slim Rihai,  4% der Stimmen                           
                                      (rechtsliberal)

15 Parlamentssitze - Partei FRONT NATIONAL 3,6% der Stimmen  (Linksbüdnis)
08 Parlamentssitze - Partei AFEK TUNIS, 3% der Stimmen (liberal-zentristisch)

Ein weiteres Dutzend kleinerer Parteien erreichten jeweils zwischen 3 und 1 Parlamentssitze.
In den auf die Parlamentswahlen anschließenden zwei Präsidentenwahlen siegte  klar der Kandidat der modern-demokratischen NADAA TOURNES Partei von Präsident Essebsi mit 56% der Stimmen,  vor dem Kandidaten des zuvor amtierenden Staatspräsidenten Moncef Marzouki der Partei CONGRÈS POUR LA RÉPUBLIQUE mit 44%, maßgeblich unterstützt von der ENNAHDHA Partei .

Der nunmehr seit Beginn dieses Jahres regierende Staatspräsident Béji Caid Essebsi scheint ein Garant für eine demokratische Weiterentwicklung Tunesiens zu sein. Präsident Essebsi hat dem Land seit der Unabhängigkeit Tunesiens von Frankreich 1956 in verschiedenen politischen Epochen in einer Reihe von Regierungsämtern gedient. Auch er persönlich hat einen politischen Reifungsprozess durchlebt, der ihn zuletzt zum Gründer der säkular ausgerichteten Partei Nidea Tounes machte, die bei der Parlamentswahl im Oktober 2014 zur stärksten Kraft im neuen tunesischen Parlament avancierte. Der Präsident ist Jurist und bringt für die notwendige demokratische Neuausrichtung des Landes eine nicht hoch genug einzuschätzende Kompetenz und Verwaltungspraxis ein. Präsident Essebsi erklärte als zentrale Prioritäten seiner Amtszeit: Stärkung der Wirtschaft, Bekämpfung des Terrorismus und Festigung der Demokratie.
Mit dem sich abzeichneten Primat für die Rechtsstaatlichkeit europäischen Zuschnitts baut sich somit in Nordafrika wieder ein verlässlicher Wirtschaftspartner für uns Europäer auf. Auch der Tourismus kann von den Sicherheitsgarantien der Regierung profitieren und wieder ein attraktives Urlaubsziel abgeben.

 

Comments

  1. Tunisien hat Glück, solche begabte Politiker zu haben! Ein gutes Beispiel für die anderen Armbänder!

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